Die vom Deutschen Fußballbund gemäß § 9a der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung gegen einen Ligateilnehmer für das Verhalten seiner Anhänger verhängte verschuldensunabhängige Verbandsstrafe in Form einer Geldstrafe stellt keine strafähnliche Sanktion dar, die dem mit Verfassungsrang ausgestattetem Schuldgrundsatz unterliegen könnte.

Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts im Sinne des ordre public gehört der aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Freiheitsrechten folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch in der Zivilrechtsordnung Geltung beansprucht. Eine Verletzung des ordre public liegt allerdings nur vor, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das eklatant gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.
Dieser Entscheidung des Bundesgerichtshof liegt ein Rechtsstreit zugrunde zwischen dem Deutschen Fußball-Bund e.V. (DFB) und der in der vom DFB als Profiliga ausgerichteten 3. Liga spielenden, aus dem FC Carl Zeiss Jena e.V. ausgegliederte Fußball-Profiabteilung in der Rechtsform einer GmbH. Diese hatte Anfang 2018 mit dem DFB einen Schiedsvertrag geschlossen, der für die Dauer der Zugehörigkeit zur 3. Liga gelten soll.
Bei zwei Heimspielen der Fußball-Profi-Abteilung am 28.07.und 19.08.2018 sowie einem Auswärtsspiel am 14.09.2018 kam es je- weils im Jenaer Fanblock zu Zuschauerausschreitungen. Im Stadion in Jena wurden pyrotechnische Gegenstände abgebrannt (Fall 1 und 2) und sonstige Gegenstände geworfen (Fall 3). Bei dem Auswärtsspiel wurden im Stadion Gegenstände in Richtung der Eckfahne geworfen (Fall 4). Das Sportgericht des DFB belegte die Fußball-Profi-Abteilung wegen dieser Vorfälle mit einer „Geldstrafe“ in Höhe von 24.900 € und ließ ihr nach, hiervon einen Betrag in Höhe von bis zu 8.000 € für sicherheitstechnische, infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen zu verwenden. Die Berufung der Fußball-Profi-Abteilung zum Bundesgericht des DFB blieb ohne Erfolg. Die gegen das Berufungsurteil erhobene Schiedsklage wies das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga beim DFB ab.
Die Fußball-Profi-Abteilung hat beantragt, den als Urteil bezeichneten Schiedsspruch vom 25.11.2019 aufzuheben. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat den Antrag zurückgewiesen[1]. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs sei unbegründet. Das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga beim DFB sei ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO und nicht lediglich ein Verbandsgericht. Der Schiedsgerichtsvertrag sei wirksam und verstoße nicht gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot aus § 19 GWB. Die Anwendung der in § 9a der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung (DFB-RuVO) geregelten Verbandsstrafenhaftung im Sinne einer objektiven Kausalhaftung für ein Fehlverhalten Dritter verstoße nicht gegen den ordre public. Das Schiedsgericht habe auch nicht das Recht der Fußball-Profi-Abteilung auf rechtliches Gehör oder das Willkürverbot verletzt.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Fußball-Profi-Abteilung, die zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auch im Übrigen zulässig ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), in der Sache vor dem Bundesgerichtshof jedoch keinen Erfolg hat:
Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Oberlandesgerichts, bei dem Ständigen Schiedsgericht für die 3. Liga beim DFB handele es sich um ein Schiedsgericht im Sinne von §§ 1025 ff. ZPO, gegen dessen Entscheidung ein Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO gestellt werden kann.
Der Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO kann gegen einen im schiedsrichterlichen Verfahren im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO erlassenen Schiedsspruch gerichtet werden. Ob ein mit dem Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO angreifbarer Schiedsspruch vorliegt, ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung des Aufhebungsverfahrens[2].
Ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, mit dem der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen werden kann, liegt nur vor, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz[3] unterworfen werden. Die Streitbeteiligten müssen paritätischen Einfluss auf die Besetzung eines solchen Gerichts haben[4]. Die Satzung muss gewährleisten, dass das Gericht bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied oder dem Verband und einem Mitglied den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht[5]. Sind hingegen in der Satzung Abhängigkeiten angelegt oder läuft das „Schiedsverfahren“ gar auf ein Richten des Vereins oder Verbands in eigener Sache hinaus, liegt schon begrifflich nicht Schiedsgerichtsbarkeit, sondern Organhandeln vor[6].
Das Oberlandesgericht hat angenommen, das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga beim DFB stelle eine unabhängige und neutrale Instanz dar. Es sei nicht in einen bestimmten Verband oder Verein eingegliedert und verfüge über eine eigene Geschäftsstelle. Der Einfluss der Parteien auf die Besetzung des Schiedsgerichts sei paritätisch. Der DFB und die Vereine und Kapitalgesellschaften nominierten jeweils zwei Beisitzer, von denen die Parteien für das jeweilige Verfahren einen benennen würden. Der Vorsitzende und sein ständiger Vertreter würden von beiden Seiten einvernehmlich bestimmt. Der Regelung des § 1034 Abs. 2 ZPO könne zudem entnommen werden, dass nicht jedwede Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Neutralität des Schiedsgerichts zu einer Nichtanwendbarkeit von §§ 1025 ff. ZPO führe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Oberlandesgericht ist mit Recht davon ausgegangen, das Ständige Schiedsgericht der 3. Liga beim DFB sei ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO. Die Parteien haben insbesondere paritätischen Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts. Dem Schiedsgericht mangelt es auch nicht an Unabhängigkeit.
Entgegen der Auffassung des Fußballvereins sichert die Regelung in § 3 des Schiedsgerichtsvertrags den paritätischen Einfluss der Parteien auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts.
Der Vorsitzende und sein Vertreter werden nach § 3 Ziffer – I des Schiedsgerichtsvertrags einvernehmlich vom DFB und von der Versammlung der Teilnehmenden der 3. Liga bestimmt. Für das jeweilige Verfahren können die Parteien nach § 3 Ziffer – IV des Schiedsgerichtsvertrags jeweils einen Beisitzer aus der Schiedsrichterliste auswählen. Dass es sich dabei um eine geschlossene Liste handelt, begegnet keinen Bedenken. Eine Schiedsrichterliste an sich ist solange nicht zu beanstanden, als hierdurch nicht ein Übergewicht einer Partei institutionalisiert wird[7] oder das Gremium, das einen maßgeblichen Einfluss auf die Erstellung der Schiedsrichterliste hat, einer der Parteien nähersteht als der anderen, also gleichsam einem bestimmten „Lager“ zuzurechnen ist[8]. Das ist hier nicht der Fall. Gemäß § 3 Ziffer – I des Schiedsgerichtsvertrags werden für die Schiedsrichterliste zwei Beisitzer vom DFB benannt und zwei Beisitzer von der Versammlung der teilnehmenden Vereine gewählt. Darüber hinaus trifft § 3 Ziffer – VII des Schiedsgerichtsvertrags eine Regelung für Teilnehmer der 3. Liga, die an einer Versammlung der teilnehmenden Vereine (noch) nicht mitgewirkt haben und mit dem Schiedsrichter nicht einverstanden sind. Damit wird gewährleistet, dass neu in die 3. Liga aufgenommene Teilnehmer nicht an die von ihnen nicht mitbestimmte Schiedsrichterliste gebunden sind. Die Fußball-Profi-Abteilung hatte danach entweder als Mitglied der Versammlung der teilnehmenden Vereine Einfluss auf die Bestimmung des Vorsitzenden und seines Vertreters sowie die Zusammensetzung der Schiedsrichterliste oder hätte von der Regelung in § 3 Ziffer – VII Gebrauch machen können.
Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob die Fußball-Profi-Abteilung mit ihrer Rüge im Aufhebungsverfahren bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil sie nicht alle ihr im Schiedsverfahren zustehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat. Insbesondere kann offenbleiben, ob sie einen Antrag nach § 1034 Abs. 2 Satz 1 ZPO hätte stellen müssen, der die Möglichkeit eröffnet, die Schiedsrichter durch das staatliche Gericht abweichend von der erfolgten Ernennung oder der vereinbarten Ernennungsregelung bestellen zu lassen[9].
Das Oberlandesgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Unabhängigkeit des Ständigen Schiedsgerichts der 3. Liga beim DFB gibt. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Schiedsgericht sei gemäß § 4 Ziffer – I Satz 2 des Schiedsgerichtsvertrags Teil der Zentralverwaltung des DFB und damit in die Verbandsverwaltung eingegliedert. Mit dem Oberlandesgericht ist davon auszugehen, dass die eigene Geschäftsstelle des Schiedsgerichts gemäß § 4 Ziffer – I Satz 1 des Schiedsgerichtsvertrags ein Indiz gegen eine Eingliederung ist. Soweit nach Satz 2 dieser Regelung die Geschäftsstelle die Anschrift der Zentralverwaltung des DFB hat, genügt das allein nicht für die Annahme, das Schiedsgericht sei in den Verband eingegliedert und nicht unabhängig organisiert. Soweit die Rechtsbeschwerde außerdem behauptet, nach der Satzung seien Abhängigkeiten angelegt, weil das Schiedsgericht danach bereits als Teil der Verwaltung fungiere und auch in tatsächlicher Hinsicht offenkundig keine Trennung gelebt werde, legt sie nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, woraus sich diese Abhängigkeiten ergeben sollen.
Gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, die zwischen den Parteien getroffene Schiedsabrede sei wirksam und verstoße nicht gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot aus § 19 GWB (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO), wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
Die Fußball-Profi-Abteilung war im Streitfall überdies nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens mit dem Einwand ausgeschlossen, der Schiedsgerichtsvertrag sei unwirksam, nachdem sie es war, die das Schiedsgericht angerufen hat[10].
Die Rechtsbeschwerde hat auch keinen Erfolg mit ihrer Rüge, die auf der verbandsrechtlichen Kausalhaftung gemäß § 9a in Verbindung mit § 1 Nr. 4 DFB-RuVO beruhende Bestätigung der Verurteilung der Fußball-Profi-Abteilung durch das Schiedsgericht verstoße gegen den ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO).
Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Das setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist[11].
Nach § 44 Nr. 1 der Satzung des DFB in Verbindung mit § 1 Nr. 4 DFB-RuVO werden alle Formen unsportlichen Verhaltens sowie unethische Verhaltensweisen als sportliche Vergehen mit den in § 44 Nr. 2 der Satzung aufgeführten Strafen – unter anderem Geldstrafe (§ 44 Nr. 2 Buchst. c der Satzung) – geahndet. Nach § 9a Nr. 1 DFB-RuVO sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich. Nach § 9a Nr. 2 DFB-RuVO haften der gastgebende Verein und der Gastverein bzw. ihre Tochtergesellschaften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art. Die Vorschrift begründet in beiden Tatbeständen als Zurechnungsnorm eine Haftung sowohl des Heim- als auch des Gastvereins für das Verhalten Dritter, ohne dass es auf ein Verschulden der Vereine ankäme[12].
Das Oberlandesgericht hat angenommen, § 9a DFB-RuVO konstituiere zwar eine objektive Kausalhaftung für Fehlverhalten Dritter („strict liability“). Verbandsstrafen ließen sich aber prinzipiell über die verfassungsrechtlich verbürgte Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG legitimieren. Die Vorschrift des § 9a DFB-RuVO widerspreche auch nicht wegen eines etwaigen Verstoßes gegen den Schuldgrundsatz dem ordre public. Der Schuldgrundsatz finde keine unmittelbare Anwendung. Vereinsgerichte ahndeten kein kriminelles Unrecht. Sie sprächen insbesondere kein Unwerturteil „im Namen des Volkes“ gegen den Verein aus, sondern erschöpften sich in der Verhängung wirtschaftlicher Nachteile und damit privatrechtlicher Sanktionen. Auch bei der einer Verbandsstrafe in vielerlei Hinsicht ähnlichen Vertragsstrafe stehe es den Parteien im Ausgangspunkt frei, auf das Verschuldenserfordernis zugunsten des Strafgläubigers zu verzichten. Das Recht der Gefährdungshaftung belege ebenfalls, dass die Verbandsstrafenhaftung des § 9a DFB-RuVO dem ordre public nicht widerspreche. Die Vorschrift genüge auch dem Bestimmtheitsgrundsatz und sei geeignet, den Gebrauch von Pyrotechnik in Fußballstadien einzudämmen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, der Schiedsspruch verletze den Schuldgrundsatz und verstoße deshalb gegen den ordre public. Die „Geldstrafe“, die gegen die Fußball-Profi-Abteilung für das Verhalten ihrer Anhänger verhängt; und vom Schiedsgericht bestätigt worden ist, stellt keine strafähnliche Sanktion dar, die diesem Grundsatz unterliegen könnte.
Dem Grundsatz, dass jede Strafe – nicht nur die Strafe für kriminelles Unrecht, sondern auch die strafähnliche Sanktion für sonstiges Unrecht – Schuld voraussetzt (nulla poena sine culpa), kommt Verfassungsrang zu[13]. Er wurzelt in der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG[14] sowie in Art. 2 Abs. 1 GG[15] und ist im Rechtsstaatsprinzip als eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes begründet[16]. Die strafrechtliche oder strafrechtsähnliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters ist demnach rechtsstaatswidrig und verletzt den Betroffenen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG[17]. Nur eigenes Verschulden kann die Verhängung strafrechtsähnlicher Sanktionen begründen; eine Zurechnung des Verschuldens Dritter kommt nicht in Betracht[18].
Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob ein Verstoß des Schiedsspruchs gegen den Schuldgrundsatz bereits deswegen ausscheidet und mithin auch kein Verstoß gegen den ordre public in Betracht kommt, weil es sich bei den Verbandssanktionen, die der Schiedsspruch unbeanstandet gelassen hat, nicht um staatliche Sanktionen handelt. Das Bundesverfassungsgericht prüft eine Verletzung des Schuldgrundsatzes regelmäßig im Bereich des staatlichen Strafens[19]. Im Zivilrecht ist der Schuldgrundsatz im Zwangsvollstreckungsrecht (§ 890 Abs. 1 ZPO) zur Anwendung gebracht worden, weil das vom Gericht verhängte Ordnungsgeld der Ahndung begangenen Unrechts und der Sühne für die Zuwiderhandlung gegen einen gerichtlichen Titel dient[20]. Demgegenüber ist die streitige „Geldstrafe“ durch im Schutzbereich der Verbandsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) handelnde Verbandsgerichte und ein Schiedsgericht verhängt beziehungsweise bestätigt worden. Der angegriffene Schiedsspruch könnte allenfalls durch ein staatliches Gericht gemäß § 1060 ZPO für vollstreckbar erklärt und damit Grundlage für staatliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Zwangsvollstreckung werden.
Die Frage, ob die streitige Sanktion in den Anwendungsbereich des Schuldgrundsatzes fällt, kann hier offenbleiben, weil es sich bereits nach dem Inhalt der angegriffenen Maßnahme nicht um eine strafähnliche Sanktion handelt.
Der Geltungsbereich des Schuldgrundsatzes bestimmt sich materiell anhand des Charakters der Maßnahme. Er kann auch im Zivilrecht Anwendung finden, wenn es um strafähnliche Sanktionen und die strafrechtsähnliche Ahndung einer Tat geht[21]. Einer Strafe ähnlich sind Sanktionen, die wie eine Strafe wirken. Dies ist indes nicht schon dann der Fall, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden sind und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfalten. Bei der Beurteilung des Strafcharakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere, wertende Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Normverfasser mit ihr verfolgte Zweck[22].
Die Strafe, auch die bloße Ordnungsstrafe, ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie – wenn nicht ausschließlich, so doch auch – auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Dem Täter wird ein Rechtsverstoß vorgehalten und zum Vorwurf gemacht, der durch die Sanktion gesühnt werden soll[23].
Die gegen die Fußball-Profi-Abteilung verhängte Verbandsstrafe in Form einer „Geldstrafe“ in Höhe von 24.900 € ist unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe der Sache nach keine Strafe. Sie dient nicht der Ahndung und Sühne vorangegangenen Fehlverhaltens der Fußball-Profi-Abteilung, sondern soll den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sichern. Das unterscheidet die angegriffene Geldstrafe von anderen Verbandsstrafen.
Soweit der Fußball-Profi-Abteilung nachgelassen wurde, hiervon einen Betrag in Höhe von bis zu 8.000 € für sicherheitstechnische, infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen zu verwenden, liegt der präventive Charakter auf der Hand. Die genannten Maßnahmen dienen allein der Sicherung des künftigen Wettbewerbs[24] und haben keine repressive Funktion.
Allein aus der Verwendung von Begriffen wie „Strafgewalt des Verbands und Strafarten“ gemäß § 44 der Satzung des DFB und der in § 44 Nr. 2 Buchst. c der Satzung als zulässige „Strafen“ unter anderem genannten „Geldstrafe“ können keine Rückschlüsse auf den (Straf)Charakter der Maßnahme gezogen werden[25]. Es geht nicht um strafrechtliche und strafrechtsähnliche Sanktionen in Konkurrenz zum Bestrafungsmonopol des Staates[26].
Aus dem Umstand, dass die Sanktionen an in der Vergangenheit abgeschlossenes Verhalten anknüpfen[27], folgt nicht zwangsläufig ein repressiver Charakter. Auch Maßnahmen der Störungsbeseitigung knüpfen an in der Vergangenheit begründete Zustände an, sind in ihrer Zielrichtung aber zukunftsbezogen. Sie wollen nicht ein normwidriges Verhalten öffentlich missbilligen und sühnen, sondern verhindern, dass eine bereits eingetretene Störung der Rechtsordnung in Zukunft andauert[28]. Das kann auch für in der Vergangenheit abgeschlossene Vorgänge gelten. Der verschuldensunabhängige wettbewerbsrechtliche Verletzungsunterlassungsanspruch knüpft an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten an, das bei Wiederholungsgefahr (vgl. § 8 Abs. 1 UWG) einen Anspruch auch dann begründen kann, wenn das beanstandete Verhalten bereits abgeschlossen ist.
Unter Berücksichtigung des Zwecks, den der DFB mit Verbandsstrafen wegen Zuschauerausschreitungen verfolgt und der sich aus den Richtlinien für die Arbeit des DFB-Kontrollausschusses in sportgerichtlichen Verfahren gegen Vereine und Kapitalgesellschaften (Anhang zur DFB-RuVO; Anlage RBE 1; im Folgenden „Richtlinien des DFB-Kontrollausschusses“) ergibt, ist die verhängte „Geldstrafe“ zukunftsbezogen; ihr kann kein Unwerturteil entnommen werden, sie dient gegenüber dem betroffenen Verein allein präventiven Zwecken[29].
Ein mögliches in der verhängten „Geldstrafe“ enthaltenes Unwerturteil ist gegen die Anhänger gerichtet, nicht aber gegen den Verein selbst. Die „Geldstrafe“ ist zwar an den Verein „adressiert“, richtet sich in der Sache aber – wenn auch nur mittelbar – gegen die für die Störungen verantwortlichen Anhänger[30]. Die Sanktion ist gerade nicht verhängt worden, weil die Fußball-Profi-Abteilung Vorgaben des DFB zu Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten hätte, sondern weil diese Maßnahmen im Falle der Anhänger der Fußball-Profi-Abteilung nicht ausgereicht haben, um einen störungsfreien Spielbetrieb zu ermöglichen. Mithin wird keine Zuwiderhandlung der Fußball-Profi-Abteilung gegen verbandsrechtliche Vorgaben geahndet, sondern ein Anreiz gesetzt, zukünftig über diese Vorgaben hinausgehende Maßnahmen zu treffen.
Primäres Ziel des sportstrafrechtlichen Handelns der Rechtsorgane des DFB sind nach Ziffer 2 der Richtlinien des DFB-Kontrollausschusses (zuvor Ziffer 2 des 9-Punkte-Papiers des DFB) die Ermittlung der verantwortlichen Täter durch den Heim- und den Gastverein und deren Sanktionierung bzw. Inregressnahme durch die Vereine und dadurch die Verhinderung zukünftiger Ordnungsverstöße. Diese Zielsetzung wird in ihrer Wirksamkeit dadurch verstärkt, dass die Möglichkeit besteht, die Verbandsstrafe als vertraglichen Schadensersatz von den Täterinnen und Tätern zurückzufordern[31]. Die „Geldstrafe“ soll damit nicht ein Fehlverhalten des Vereins selbst, sondern seiner Anhänger sühnen und richtet sich ihrer wirtschaftlichen Zweckrichtung nach auch gegen diese. Dem steht im Streitfall nicht entgegen, dass die Täter nicht ermittelt werden konnten. Die verhängte Sanktion ist für die Fußball-Profi-Abteilung ein in die Zukunft gerichteter Anreiz, (weitere) Maßnahmen zur effektiveren Identitätsfeststellung zu ergreifen, um bei neuerlichen Vorfällen Regress nehmen zu können. Zudem wird den Anhängern der Fußball-Profi-Abteilung mit der Sanktion verdeutlicht, dass derartige Vorfälle auch dann nicht folgenlos bleiben, wenn die Täter nicht ermittelt werden können, sondern zulasten „ihres“ Vereins gehen.
Nach Ziffer 7 der Richtlinien des DFB-Kontrollausschusses (zuvor Ziffer 8 des 9-Punkte-Papiers des DFB) stehen damit auch nicht die Bestrafung des in der Vergangenheit liegenden Vorfalls im Vordergrund der sportstrafrechtlichen Aufarbeitung von Zuschauerfehlverhalten, sondern die vorbeugenden Maßnahmen zur Vermeidung neuerlicher Vorfälle[32]. Nach der Intention des Verbandsgesetzgebers soll der Verein dazu angehalten werden, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um mäßigend auf seine Anhänger einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern. Der Verein wird verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Gefahr, die für den Wettkampfbetrieb von seinen Anhängerinnen und Anhängern ausgeht, abgestellt wird[33]. Auch im Streitfall diente die „Geldstrafe“ allein dazu, die Fußball-Profi-Abteilung anzuhalten, in ständiger Kommunikation mit und in Kontakt zu ihren Fans befriedend auf diese einzuwirken, situationsabhängig geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen und dadurch die von ihren Anhängern ausgehenden Gefahren für den Wettkampfbetrieb bestmöglich zu unterbinden[34].
Die Einordnung der „Geldstrafe“ als präventive Maßnahme entspricht der Rechtsprechung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS). Dieser sieht das Ziel der verschuldensunabhängigen Haftung nicht in der Bestrafung des Vereins, sondern in der Prävention und Abschreckung[35].
Der Schiedsspruch verstößt auch nicht wegen einer eklatanten Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen den ordre public.
Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts im Sinne des ordre public gehört der aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Freiheitsrechten[36] folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch in der Zivilrechtsordnung Geltung beansprucht[37]. Allerdings begründet nicht jede Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einen Verstoß gegen den ordre public. Eine Verletzung liegt nur vor, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das eklatant gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt[38]. Das ist hier nicht der Fall.
Um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen, muss eine Maßnahme zur Erreichung des angestrebten legitimen Zwecks geeignet und erforderlich sein. Sie ist geeignet, wenn der gewünschte Erfolg mit ihrer Hilfe gefördert werden kann, und erforderlich, wenn kein gleich wirksames, aber weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht. Ferner darf der mit der Maßnahme verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen[39].
Der Schiedsspruch verletzt danach den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht.
Der DFB verfolgt mit der Regelung des § 9a DFB-RuVO, auf der der Schiedsspruch maßgeblich beruht, den legitimen Zweck, Zuschauerausschreitungen zu unterbinden, um die Gewaltfreiheit des Fußballs zu sichern[40].
Die verschuldensunabhängige Haftung der Fußball-Profi-Abteilung ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht wegen fehlender Geeignetheit unverhältnismäßig.
Bei der Beurteilung der Geeignetheit des gewählten Mittels steht dem Verein als Satzungsgeber mit Blick auf die von Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Satzungsautonomie[41] ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit zu[42]. Unabhängig davon, ob die Regelung des § 9a DFB-RuVO verfassungsrechtlich daher nur dann als ungeeignet beanstandet werden könnte, wenn das eingesetzte Mittel objektiv untauglich oder schlechthin ungeeignet wäre[43], kann ein Verstoß gegen den ordre public zumindest nur unter diesen Voraussetzungen angenommen werden, die im Streitfall jedoch nicht vorliegen.
Das Oberlandesgericht hat angenommen, Verbandsstrafen im Sinne von § 9a Nr. 1 DFB-RuVO seien zur Eindämmung des Gebrauchs von Pyrotechnik geeignet. Diese tatsächliche Feststellung ist für das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Die Rechtsbeschwerde ersetzt insoweit lediglich die Würdigung des Oberlandesgerichts durch ihre eigene, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
Der Auffassung des Oberlandesgerichts kann im Übrigen nicht entgegengehalten werden, die Bestrafung eines Schuldlosen könne weder diesen noch Dritte zu sorgsamer Pflichterfüllung anhalten, weil aus deren Sicht die Freiheit von Sanktionen dann gerade nicht von der Pflichterfüllung abhänge[44]. Soweit gefordert wird, stattdessen ein ausgefeiltes System präventiver Auflagen zu schaffen[45], kann die verschuldensunabhängige Haftung die Vereine ebenso dazu anhalten, von sich aus für die konkrete Situation jeweils geeignete präventive Maßnahmen – Begleitung der Anhänger durch Fanbeauftragte, personalisierte Kartenabgabe, Aufzeichnungssysteme zur Identifizierung der Täter[46] – zu ergreifen.
Die Möglichkeit der Vereine, die Verbandsstrafe im Wege des Schadensersatzes gegen die Täter geltend zu machen, spricht nicht gegen die Geeignetheit der verschuldensunabhängigen Haftung der Vereine[47]. Weder die Ermittlung der Täter noch die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen diese ist zwingend erfolgversprechend. Die ständige Überprüfung und Verbesserung der Sicherungsmaßnahmen durch die Vereine bleibt dagegen regelmäßig ein möglicher Weg der Gewaltprävention.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es mildere, aber gleich wirksame Mittel zur Zielerreichung gäbe. Insbesondere wären weder ein Anscheinsbeweis noch eine Beweislastumkehr gleich geeignet, um Gewalt in Stadien bestmöglich zu verhindern[48].
Ebenfalls nicht dargelegt oder ersichtlich ist, dass die Höhe des konkret ausgeurteilten Betrags unangemessen ist. Die vom Schiedsgericht bestätigte Höhe der gegen die Fußball-Profi-Abteilung verhängten „Geldstrafe“ orientiert sich am „Strafzumessungsleitfaden“ (Ziffer 9 der Richtlinien des DFB-Kontrollausschusses). Das Schiedsgericht hat bei der Bemessung des ausgeurteilten Betrags keine unangemessen hohe Belastung der Fußball-Profi-Abteilung erkennen können. Dabei hat es angenommen, die angefochtenen Urteile der Verbandsgerichte des DFB seien vom Fall eines unverschuldeten Vorfalls ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang rügt, die Verbandsstrafenregelung des § 9a DFB-RuVO sei unangemessen weit, weil sie nicht zwischen dem gewaltsamen und dem gewaltfreien Einsatz von Pyrotechnik unterscheide, verkennt sie, dass die Vorschrift eine Zurechnungsnorm darstellt und nicht die Strafzumessung regelt. § 9a DFB-RuVO steht einer angemessenen Berücksichtigung eines (fehlenden) Verschuldens auf der Rechtsfolgenseite – wie sie das Schiedsgericht hier vorgenommen hat – nicht entgegen[49].
Auch im Übrigen ist die Regelung angemessen. Soweit sie zu einer Haftung des gastgebenden Vereins führt, ergibt sich die grundsätzliche Angemessenheit daraus, dass dieser durch Zugangskontrollen, Beschränkungen bei der Ausgabe von Eintrittskarten und ähnliche Maßnahmen im Rahmen seines Hausrechts hinreichende Möglichkeiten hat, um Ausschreitungen zu unterbinden, so dass Risikoverantwortung und Einwirkungsmöglichkeit übereinstimmen[50]. Soweit es um die Haftung der Fußball-Profi-Abteilung als Gastverein geht, ist nicht vorgetragen, dass sie keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Zuschauer in ihrem Fanblock hatte.
Ob die getrennte Betrachtung sowie die fehlende Gewichtung der unterschiedlichen Beiträge des gastgebenden Vereins einerseits und des Gastvereins andererseits durch die Regelung des § 9a DFB-RuVO[51] zu einem eklatanten Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führen und insbesondere einer Inanspruchnahme des Gastvereins unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit entgegenstehen könnte, wenn diesem keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann oder er keine Einwirkungsmöglichkeiten auf seine Anhänger hatte, während ein schuldhaftes Fehlverhalten des gastgebenden Vereins festgestellt ist, bedarf mangels entsprechender Feststellungen im Streitfall keiner Entscheidung.
Es bestehen schließlich keine Bedenken gegen eine hinreichende Bestimmtheit des § 9a DFB-RuVO.
Vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen bedürfen einer hinreichend bestimmten Grundlage, damit die Regelunterworfenen einen eventuell drohenden Rechtsnachteil erkennen und entscheiden können, ob sie diesen hinnehmen beziehungsweise ob sie ihr Verhalten danach einrichten wollen[52]. Das aus Art.20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot steht der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln in einer Norm allerdings nicht entgegen, solange die Norm hinreichend auslegungsfähig ist[53]. Eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung kann dabei berücksichtigt werden[54].
Ob ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz bei Präventivmaßnahmen wie der in Rede stehenden überhaupt eine Verletzung des ordre public begründen kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt die Vorschrift des § 9a DFB-RuVO nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Der Begriff der „Anhänger“ in § 9a Nr. 1 DFB-RuVO ist durch die sportgerichtliche Rechtsprechung hinreichend im Sinne des Bestimmtheitsgebots konkretisiert[55]. Für die Haftung des gastgebenden Vereins kommt es zudem auf den Begriff der „Anhänger“ nicht an, weil alle „Anhänger“ auch „Zuschauer“ sind, für die gemäß § 9a Nr. 1 DFB-RuVO die Vereine ebenfalls verschuldensunabhängig einzustehen haben, und dieser Begriff zweifellos eindeutig ist. Den von der Rechtsbeschwerde als unbestimmt gerügten Begriff „jeglicher Zuschauerausschreitungen“ enthält die Vorschrift des § 9a Nr. 2 DFB-RuVO nicht.
Der DFB weist zudem zutreffend darauf hin, dass der Sachverhalt unstreitig und nicht ersichtlich ist, inwiefern sich eine angebliche Unbestimmtheit von § 9a DFB-RuVO auf die Entscheidung des Schiedsgerichts ausgewirkt haben soll.
Demgemäß hat der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. November 2021 – I ZB 54/20
- OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.06.2020 – 26 Sch 1/20[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 27.05.2004 – III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 210 15] mwN[↩]
- zum Gebot der Distanz und Neutralität richterlicher Tätigkeit vgl. BVerfGE 21, 139, 145 f. 21]; 42, 64, 78 39]; 148, 69 Rn. 69[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2016 – KZR 6/15, BGHZ 210, 292 Rn. 30[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2018 – I ZB 53/17, NJW-RR 2018, 1402 Rn. 12 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 27.05.2004 – III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 212 18][↩]
- vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl., § 1034 Rn. 11[↩]
- vgl. BGHZ 210, 292 Rn. 30; EGMR, Urteil vom 02.10.2018 – 40575/10, BeckRS 2018, 23523 Rn. 157 – Mutu u. Pechstein/Schweiz; EGMR, SpuRt 2020, 180 Rn. 217 und 219 – Ali Rıza u.a./Türkei[↩]
- so OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2006, 220 24]; Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 42; MünchKomm-.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1034 Rn. 15; Anders in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 79. Aufl., § 1034 Rn. 11b; einschränkend Voit in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 1034 Rn. 7[↩]
- zu ähnlichen Konstellationen vgl. BGH, Urteil vom 02.04.1987 – III ZR 76/86, NJW-RR 1987, 1194, 1195 12 f. und 19]; Beschluss vom 16.03.2017 – I ZB 49/16, SchiedsVZ 2018, 37 Rn. 33; OLG Hamm, SchiedsVZ 2013, 182, 183 f. 22 bis 25]; OLG Köln, Beschluss vom 16.01.2015 – 19 Sch 18/14 21; vgl. Müller-Eiselt, Die Gewährleistung der Sicherheit bei Fußballspielen, 2015, S. 250 f.; Zöller/Geimer aaO § 1059 ZPO Rn. 39a; MünchKomm-.ZPO/Münch aaO § 1059 Rn. 16; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1059 Rn. 35; Anders in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle aaO § 1059 Rn. 6b; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert, 40. Edition [Stand 1.03.2021], § 1059 Rn. 38[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 23.07.2020 – I ZB 88/19, SchiedsVZ 2021, 46 Rn. 16 mwN[↩]
- vgl. Müller-Eiselt aaO S. 220; Walker, NJW 2014, 119, 120; Weller/Benz/Wolf, JZ 2017, 237, 240[↩]
- vgl. BVerfGE 95, 96, 140 157]; BVerfG, NVwZ 2003, 1504 28][↩]
- BVerfGE 140, 317 Rn. 53 f.; Esser in Sieber/Satzger/von Heintschel-Heinegg, Europäisches Strafrecht, 2. Aufl., § 55 Rn. 60[↩]
- vgl. BVerfGE 95, 96, 140 157][↩]
- vgl. BVerfGE 20, 323, 331, 32]; BVerfGE 84, 82, 87 16]; BVerfGE 140, 317 Rn. 53 und 55[↩]
- BVerfGE 20, 232, 331 34]; BVerfGE 84, 82, 87 16][↩]
- vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 860, 861 11]; Thönissen, AcP 2019, 855, 879; Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7, 12[↩]
- vgl. BVerfGE 50, 125, 133 32]; BVerfGE 140, 317 Rn. 53; BVerfG, NJW 2021, 1222 Rn. 106 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 20, 323, 332 37 f.]; BVerfGE 58, 159, 162 f. 9 und 12][↩]
- vgl. BVerfGE 58, 159, 162 f. 9 und 12]; Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7, 11; Thönissen, AcP 2019, 855, 860 f.[↩]
- vgl. BVerfG, NJW 2021, 1222 Rn. 107 mwN[↩]
- vgl. BVerfGE 20, 323, 331 f. 33 f. und 37]; BVerfGE 58, 159, 162 9]; Adam/Schmidt/Schumacher, NStZ 2017, 7, 11; Thönissen, AcP 2019, 855, 860 f.[↩]
- vgl. Walker, NJW 2014, 119, 124[↩]
- vgl. Haas/Jansen in Arter/Baddeley aaO S. 129, 152; Fickenscher, Möglichkeiten und Grenzen einer statutarischen Haftungszurechnung von Fanausschreitungen zu den Vereinen aus verfassungsrechtlicher Sicht, 2015, S. 104; aA Orth, SpuRt 2013, 186, 188[↩]
- Ständiges Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, SpuRt 2013, 200, 202[↩]
- vgl. dazu Bahners, causa sport 2009, 25, 26; Walker, NJW 2014, 119, 123; Wieschemann, KSzW 2013, 268, 271 f.; Cherkeh, SpuRt 2017, 172 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 110, 1, 17 69]; BVerfG, NJW 2021, 1222 Rn. 111[↩]
- vgl. Haas/Jansen, causa sport 2007, 316, 321; dies. in Arter/Baddeley aaO S. 129, 152 f.; vgl. auch Prütting/Kniepert, ZfPW 2017, 458, 466; zu einem Wettbewerbsausschluss vgl. Ständiges Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, SpuRt 2013, 200, 203; aA Thumm in Württembergischer Fußballverband e.V., Verantwortlichkeiten und Haftung im Sport, 2010, S. 9, 17; Müller-Eiselt aaO S. 230 f.; Kobler, Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien, 2015, S. 127; Fenn/Grischka, SpuRt 2000, 232; Wieschemann, KSzW 2013, 268, 270; Walker, NJW 2014, 119, 122 f.; Fröhlich/Fröhlich, causa sport 2015, 157, 158 f.; Gerlach/Manzke, SpuRt 2020, 282, 285[↩]
- vgl. CAS, Entscheidung vom 03.06.2003 – 2002/A/423, abrufbar unter www.jurisprudence.tascas.org Rn. 15 – PSV Eindhoven/UEFA; Schimke in Walker, Hooliganismus – Verantwortlichkeit und Haftung für Zuschauerausschreitungen, 2009, S. 23, 29[↩]
- vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 22.09.2016 – VII ZR 14/16, BGHZ 211, 375 Rn. 13; Urteil vom 09.11.2017 – VII ZR 62/17, NJW 2018, 394 Rn. 12[↩]
- vgl. auch BGHZ 211, 375 Rn.20 f.; Prütting/Kniepert, ZfPW 2017, 458, 468[↩]
- Haas/Jansen in Arter/Baddeley aaO S. 152 f.; Räker, SpuRt 2013, 46, 47; ähnlich auch Steiner, causa sport 2009, 14, 24; vgl. auch Pfister, SpuRt 2014, 10, 11[↩]
- vgl. Haas/Jansen in Arter/Baddeley aaO S. 156[↩]
- vgl. CAS, Entscheidung vom 03.06.2003 – 2002/A/423 aaO Rn. 16 – PSV Eindhoven/UEFA; CAS, Entscheidung vom 03.06.2003 – 2007/A/1217, abrufbar unter www.jurisprudence.tascas.org Rn. 21 – Feyenoord Rotterdam/UEFA, insoweit nicht in SpuRt 2007, 164 abgedruckt[↩]
- vgl. BVerfGE 90, 145, 173 123][↩]
- zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312, 343 88][↩]
- vgl. OLG Köln, Beschluss vom 03.06.2003 9 Sch 23/01 22; OLG Dresden, SchiedsVZ 2005, 210, 213 84]; BeckOK.ZPO/Wilske/Markert aaO § 1059 Rn. 632; Anders in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle aaO § 1059 Rn. 17 „Unverhältnismäßigkeit“; vgl. auch Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 62[↩]
- vgl. BVerfGE 90, 145, 172 f. 122 f.]; BVerfGE 92, 262, 273 52][↩]
- vgl. Müller-Eiselt aaO S. 233[↩]
- vgl. dazu Staudinger/Schwennicke, BGB [2019], § 25 Rn. 10 mwN; BeckOGK.BGB/Segna, Stand 1.07.2021, § 25 Rn. 45; vgl. auch BVerfG, NJW 1996, 1203 9][↩]
- vgl. BeckOGK.BGB/Segna aaO § 25 Rn. 45; MünchKomm-.BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 25 Rn. 32; zu Art. 9 Abs. 3 GG vgl. BVerfGE 44, 322, 340 f. 57 f. und 60][↩]
- zum Einschätzungs- und Prognosevorrang des Gesetzgebers vgl. BVerfGK 18, 116, 120 18][↩]
- vgl. Bahners, causa sport 2009, 25, 26; Wieschemann, KSzW 2013, 268, 274[↩]
- Wieschemann, KSzW 2013, 268, 276 f.[↩]
- vgl. Wieschemann, KSzW 2013, 268, 276 f.[↩]
- aA Pfister, SpuRt 2014, 10, 11 f.[↩]
- vgl. Räker, SpuRt 2013, 46, 47 f.[↩]
- vgl. Räker, SpuRt 2013, 46, 48[↩]
- vgl. Morgenroth, ZStV 2013, 212, 214[↩]
- vgl. Wieschemann, KSzW 2013, 268, 272[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2016 – II ZR 25/15, BGHZ 212, 70 Rn. 37; BeckOK.BGB/Schöpflin, 58. Edition [Stand 1.05.2021], § 25 Rn. 46; BeckOGK.BGB/Segna aaO § 25 Rn. 21; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 25 Rn. 49; aA Münch-Komm.BGB/Leuschner aaO § 25 Rn. 68[↩]
- vgl. BVerfGE 56, 1, 12 41]; BVerfGE 87, 234, 263 f. 91]; BVerfGE 102, 254, 337 325]; BeckOK.BGB/Schöpflin aaO § 25 Rn. 46; BeckOGK.BGB/Segna aaO § 25 Rn. 21; BeckOGK.BGB/Könen, Stand 1.06.2021, § 38 Rn. 186; Müller-Eiselt aaO S.195 mwN[↩]
- vgl. BVerfGE 76, 1, 74 154][↩]
- vgl. CAS, SpuRt 2007, 164, 165 – Feyenoord Rotterdam/UEFA; Ständiges Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen, SpuRt 2013, 200, 204[↩]