Schiedsklausel – und die unwirksame Kompetenz-Kompetenz-Klausel

Die Unwirksamkeit einer sogenannten Kompetenz-Kompetenz-Klausel führt nicht nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Schiedsvereinbarung.

Schiedsklausel – und die unwirksame Kompetenz-Kompetenz-Klausel

Eine Schiedsklausel in einem notariell beurkundeten Vertrag über den Verkauf und die Übertragung von Grundstücken und Gesellschaftsanteilen ist nicht deshalb nach § 125 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 311b Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nichtig, weil sie auf eine Schiedsgerichtsordnung Bezug nimmt, die nicht mit beurkundet worden ist.

Die im vorliegenden Fall zwischen den Parteien abgeschlossene Schiedsvereinbarung ist nicht wegen ihres Inhalts unwirksam, auch soweit sie eine sogenannte Kompetenz-Kompetenz-Klausel enthält. Das Schiedsgericht kann nach der vertraglichen Regelung über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung „bindend“ entscheiden. Dem Schiedsgericht wird damit – wie das Oberlandesgericht zu Recht festgestellt hat – die Befugnis eingeräumt, die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung abschließend zu beurteilen. Hierin liegt eine Abweichung von § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO beziehungsweise § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO, wonach die Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch die staatlichen Gerichte überprüft werden kann. Eine solche Kompetenz-Kompetenz-Klausel war vormals zulässig[1]. Der Gesetzgeber hat jedoch mit dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12 1997[2] die endgültige Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ausdrücklich den staatlichen Gerichten vorbehalten[3]. Zwar befindet im Schiedsverfahren zunächst das Schiedsgericht selbst über seine Zuständigkeit; entweder durch einen diese bejahenden Zwischenentscheid (§ 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO) oder im verfahrensabschließenden Schiedsspruch oder durch einen die Schiedsklage als unzulässig abweisenden Prozessschiedsspruch. Das letzte Wort hat aber – bezüglich des Zwischenentscheids im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO, bezüglich des Schiedsspruchs und des Prozessschiedsspruchs im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO – das staatliche Gericht. Diese vorbeschriebene gesetzliche Neuregelung ist zwingend. Nach neuem Recht können die Parteien einem Schiedsgericht eine Kompetenz-Kompetenz nicht mehr einräumen. Gegenteilige Abreden sind unwirksam[4].

Jedoch führt die Unwirksamkeit dieser Kompetenz-Kompetenz-Klausel nicht dazu, dass auch Schiedsklausel keine Gültigkeit hat und damit das Schiedsgericht insgesamt unzuständig ist. Haben die Parteien eine Schiedsabrede getroffen und zusätzlich eine Kompetenz-Kompetenz-Klausel vereinbart, handelt es sich um jeweils gesonderte eigenständige Vereinbarungen. Die Nichtigkeit der Kompetenz-Kompetenz-Klausel berührt die übrige Schiedsabrede nicht. Dies hat der Bundesgerichtshof[5] gerade auch für einen formularmäßigen Schiedsvertrag entschieden. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob es sich – so die Antragstellerinnen – bei § 16.1 RV um eine von den Antragsgegnerinnen gestellte Formularklausel handelt, sodass die Klausel wegen der Abweichung von § 1040 Abs. 3 Satz 2, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO auch als überraschende und unangemessene Klausel (§ 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) gewertet werden müsse. Denn auch insoweit wäre im Rahmen des § 306 Abs. 1 BGB nach Maßgabe der Bundesgerichtshofsrechtsprechung von jeweils eigenständigen Klauseln auszugehen. Abgesehen davon ist für den Bundesgerichtshof auch nicht ersichtlich, dass sich an der Wirksamkeit von Ziffer 16.1 Satz 1 RV etwas ändern würde, wenn man mit den Antragstellerinnen auf das Verhältnis dieser Bestimmung zu Ziffer 16.1 Satz 2 RV § 139 BGB anwenden würde. Denn die Annahme liegt fern, dass Parteien, die bewusst und gewollt die Entscheidung über ihre Streitigkeiten anstelle der staatlichen Gerichte einem Schiedsgericht überantworten und diesem dann zusätzlich eine abschließende Kompetenz zur Entscheidung über seine Zuständigkeit einräumen, dann, wenn sie gewusst hätten, dass letzteres nicht möglich ist und deshalb die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Antrag einer der Parteien von einem staatlichen Gericht überprüft werden kann, insgesamt auf die Schiedsvereinbarung verzichtet und den gesamten Rechtsstreit damit ausschließlich den staatlichen Gerichten zugewiesen hätten.

Die Schiedsklausel ist auch nicht für sich unwirksam. Die Antragstellerinnen sind insoweit der Auffassung, die Formulierung „ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht“ sei so zu verstehen, dass hiermit gesetzwidrig sämtliche in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Möglichkeiten, in denen ein staatliches Gericht mit einem Schiedsverfahren befasst werden könne, ausgeschlossen werden sollen, was – neben unter anderem § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO – vor allem auch das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO betreffe. Diese Annahme teilt der Bundesgerichtshof – in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht – nicht. Nach § 1029 Abs. 1 ZPO ist eine Schiedsvereinbarung eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Zum Wesen einer Schiedsvereinbarung gehört es damit, dass das Schiedsgericht anstelle des staatlichen Gerichts „endgültig“ beziehungsweise „selbständig und abschließend“ über den geltend gemachten Anspruch entscheiden soll; die Vereinbarung muss auf eine die Entscheidung eines staatlichen Gerichts „ersetzende“ Entscheidung des Schiedsgerichts ausgerichtet sein und damit bei zivilrechtlichen Ansprüchen insoweit den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ausschließen[6]. Vor diesem Hintergrund verdeutlicht die streitgegenständliche Klausel nur das, was zum Kern einer Schiedsabrede gehört, und kann nicht weitergehend als – gesetzwidriger – Ausschluss etwa der Regelungen über das Verfahren nach § 1059 ZPO angesehen werden, in dem im Übrigen – wegen des Verbots der révision au fond – keine sachliche Überprüfung der Richtigkeit des Schiedsspruchs stattfindet[7]. Der in der Rechtsbeschwerdebegründung unternommene Versuch zu belegen, dass die Formulierung „ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht“ etwas anderes bedeute als die in manchen in der Praxis gebräuchlichen Musterschiedsklauseln verwandte Formulierung „unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig entschieden“, überzeugt den Bundesgerichtshof nicht. Wäre im Übrigen die Schiedsklausel bereits als Ausschluss sämtlicher in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Möglichkeiten, in denen ein staatliches Gericht mit einem Schiedsverfahren befasst werden kann, zu verstehen, wäre nicht verständlich, warum die Parteien daneben noch eine Kompetenz-Kompetenz-Klausel vereinbart haben.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Juli 2014 – III ZB 83/13

  1. vgl. nur BGH, Urteile vom 05.05.1977 – III ZR 177/74, BGHZ 68, 356, 367 f; vom 26.05.1988 – III ZR 46/87, NJW-RR 1988, 1526, 1527; und vom 06.06.1991 – III ZR 68/90, NJW 1991, 2215[]
  2. BGBl. I S. 3224[]
  3. vgl. auch BT-Drs. 13/5274, S. 26 u. S. 44[]
  4. vgl. nur BGH, Urteil vom 13.01.2005 – III ZR 265/03, BGHZ 162, 9, 12 ff mwN[]
  5. BGH, aaO S. 14[]
  6. vgl. nur BGH, Urteil vom 04.06.1981 – III ZR 4/80, WM 1981, 1056, 1057; Beschluss vom 08.11.2007 – III ZB 95/06, SchiedsVZ 2008, 40 Rn. 12; siehe auch Urteil vom 03.11.1983 – III ZR 111/82, IPRspr.1983 Nr.196 und – zum Sonderfall der Vereinbarung eines Schiedsspruchs mit auflösender Bedingung – Beschluss vom 01.03.2007 – III ZB 7/06, BGHZ 171, 245 Rn. 13 ff[]
  7. vgl. nur BGH, Beschluss vom 28.01.2014 – III ZB 40/13, NJW 2014, 1597 Rn. 6[]